Vor 3 Jahren habe ich eine Wohnung in Marrakesch an eine wohlhabende marokkanische Frau vermietet.
Eigentlich hat sie die Wohnung für ihren Sohn (oder Sohn ihres Mannes!?) gemietet. Sie selber, wie ich
später feststellte, wohnte in einer Villa in Assif. Ihr Mann habe weder ich noch mein Bruder jemals gesehen.
Wahrscheinlich zu beschäftigt!
Als wir den Mietvertrag unterschreiben wollten verabredeten wir uns,
ihren Wunsch nach, in einem Cafe nicht weit von der Wohnung entfernt. Wir füllten den Mietvertrag aus und unterschrieben ihn,
mussten danach aber auf ihren Chauffeur warten, der uns in die Mokata3a bringen sollte. Dieser wurde vorher beauftragt
eine andere Aufgabe zu erledigen. Diese hat aber mehr Zeit beansprucht als geplant und so hatten wir etwas Zeit für eine kurze Diskussion.
Sie hat mich über das Leben in D gefragt und habe ihr einige Vor- und Nachteile erwähnt. Sie selber war schon einige Male
sowohl privat als auch geschäftlich in Frankreich. Ich habe sie über die Geschäfte in MA gefragt und habe eine, zwar nicht neue, aber sehr gute Antwort
bekommen. Sie meinte, dass wir in MA ein System haben. Jeder, der Geschäfte machen will muss dazu gehören, sonst bleibt er draussen
und kommt nicht viel weiter. Um diesen System anzugehören müssen einige Regeln verinnerlicht werden: Keine Moral, Kein Halal oder Haram,
Korruption und Beziehungen sind die Schlüssel aller Probleme. Jeder, der diese Regeln nicht akzeptiert bleibt draussen und tut sich schwer in
MA zu leben. Sie erzählte weiter, dass ein Bruder von Ihr Jahrelang in Quebec gelebt, dort studiert und promoviert hatte. Nach einigen Jahren
Arbeit in Kanada entschied er sich nach MA zurückzukehren. Er kam zurück als Idealist, meinte sie. Er wollte alles auf einmal ändern. Er wollte nicht
korrupt sein, er wollte nicht gegen seinen Prinzipien stossen, usw.. Er blieb die ganze Zeit ausserhalb des Systems.
Das Resultat war, dass er am Ende in eine Psychiatrie landete, wo der
Arzt ihm empfiehl dorthin zurückzukehren wo er mal war. Nach Kanada.
Das alles erinnert mich an den Film Matrix. Eine marokkanische Matrix. Diese virtuelle Welt, die der Realität der meisten Marokkaner nicht entspricht.
Diejenigen, die in ihr leben und keine Fragen nach Moral, Religion, etc. stellen, machen Geschäfte und sind erfolgreich. Die anderen schauen machtlos zu
wie ihr Land durch die Wächter dieser Matrix zum Abgrund geführt wird, genauso wie die Roboter in den Film die Erde verwüsteten, und warten auf dem vom Orakel vorausgesagten Auserwählten.
Als der Chauffeur da war sprangen wir alle ins Auto rein und fuhren Richtung Mokata3a. Dort angekommen, dürften wir sofort
herein, obwohl eine Menge von Menschen (die dem System nicht angehörten) da waren. Ein Beamter schieb Ihr einen Stuhl und ich stand daneben.
Ich sah wie die 3 Beamten im Raum nervös wurden. Angesprochen wurde sie auch nur mit LLa...Nach fünf Minuten war alles erledigt.
Ich sah auch wie sie ganz offen einen der Beamten einige Geldscheine in die Hand drückte. Wir verlassen die Mokata3a, und fuhren Richtung
Wohnung. Dort liessen sie mich raus und fuhren weiter. Ich war sprachlos. In so einem Tempo habe ich in MA noch nie eine
Angelegenheit erledigt. Das verstehe ich: ich bin ausserhalb der Matrix. Für mich ist Korruption Haram und greife nur darauf zurück, wenn es absolut keine
andere Möglichkeit mehr gibt, was Gott sei Dank bisher nur sehr selten vorgekommen ist.
Auch die Ausländer, die in Marokko leben und dort Geschäfte machen sind mit Sicherheit in diesem System integriert.
Sie passen sich sehr gut an, sonst kann ich nicht verstehen wie sie dort Geld machen, indem sie große Aufträge vom Staat und anderen Firmen bekommen.
Wo bleibt bloss der Auserwählte??!!
Wie soll man sich nun gegenüber dieser Tatsache als im Ausland lebender Marokkaner verhalten?
1. Weiterhin hier leben so nach dem Motto mir gehts es gut und zur Hölle mit diesem Land?
2. Nach Marokko zurückkehren, an die eignenen Prinzipien und Überzeugungen festhalten, ausserhalb der Matrix leben und dagegen kämpfen? Das schaffen leider nicht viele.
3. Nach Marokko zurückkehren, sich die Regeln des (Höllen-)systems aneignen und das Spiel mitmachen. Für mich persönlich kommt dieser Weg nicht in Frage. Man Kann aber in Marokko, wenn ein kleines Geschäft erstmal anfängt ausserhalb des Systems zu wachsen, unbeabsichtigt in das System hineingeraten. Wenn es ernst wird werden die meisten schwach.
Es würde mich freuen einige Meinungen von euch zu lesen.


Das wichtigste Resultat aller Bildung ist die Selbsterkenntnis (Ernst von Feuchtersleben).
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