Guten Morgen,

dass über den Herausgeber von TELQUEL des öfteren Sanktionen verhängt werden, ist nichts Neues,aber in den letzten Monaten kamen auch andere Journalisten in Konflikt u. mussten sich vor Gericht verantworten.

Jetzt soll das Pressegesetz verschärft werden.

"Der Bund", Reiner Wandler, Madrid 22.08.07
König zieht die Schraube an
Repression statt Demokratisierung: Marokkos Monarch gegen die Medien
Kurz vor den Parlamentswahlen vom 7. September räumt Marokkos König Mohamed VI. auf. Während der Sommermonate ist der Verkauf von mehreren Wochenzeitschriften verboten worden, Journalisten werden gerichtlich verfolgt.

Am kommenden Freitag wird Ahmed Benchemsi der Prozess gemacht. Dem 33-jährigen Herausgeber des frankofonen Magazins «Tel Que» und des arabischsprachigen Schwesterheftes «Nichane» drohen bis zu fünf Jahre Haft: Er hat einen Kommentar geschrieben, in dem er König Mohamed VI. vorwirft, immer mehr Macht an sich zu ziehen.

Der Text erschien auf Französisch und im marokkanisch-arabischen Dialekt. Dies erhöht die Schwere der Majestätsbeleidigung noch, denn der Monarch darf nicht in Dialekt angesprochen werden, allein Hocharabisch ist im Umgang mit dem Königshaus erlaubt. «Ich habe ihn wie einen normalen Mann angesprochen, ihn, den ,Führer aller Gläubigen‘», sagt Benchemsi. «Im Palast wurde dies als Unverschämtheit aufgefasst. Dabei wollte ich gar nicht beleidigend sein.» Wie beleidigt das Königshaus über sein «Fehlverhalten» ist, erfuhr Benchemsi rasch. Nachdem das Verkaufsverbot für seine Blätter erlassen war, wurde er 20 Stunden auf dem Kommissariat in Casablanca verhört.

Explizit aufgeführte Tabus

Benchemsi erwartet beim Prozess am Freitag das Schlimmste. Denn erst vor wenigen Tagen wanderte ein Kollege, der Journalist Mostapha Hurmatallah von der Zeitschrift «Al Watan Al An», für acht Monate hinter Gitter. Hurmatallah wurde zusammen mit dem Herausgeber von «Al Watan Al An», Abderrahim Ariri, beschuldigt, Dokumente veröffentlicht zu haben, die er durch einen kriminellen Akt erhalten habe. Beim kritisierten Artikel handelt es sich um ein ausführliches Dossier über die Sicherheitslage in Marokko angesichts des zunehmenden radikal-islamistischen Terrors. Hurmatallah zitiert darin Dokumente des militärischen Sicherheitsdienstes. Während Hurmatallah nach dem Verfahren am 15. August sofort ins Gefängnis gebracht wurde, kam Herausgeber Ariri mit sechs Monaten auf Bewährung davon.

«Es gab schon immer Probleme, mal hier, mal da. Aber dieses Mal wirkt sich die Verschärfung auf alle Bereiche aus, und das ist besonders schwerwiegend», sagt Younes Moujahid, der Generalsekretär der unabhängigen marokkanischen Journalistengewerkschaft SNPM. Auch das Zentrum zum Schutz der Journalisten (CPJ), einer internationalen Organisation mit Sitz in New York, schlägt Alarm: «In den letzten fünf Jahren wurde die Pressefreiheit stark eingeschränkt», heisst es im jüngsten Bericht zu Marokko mit einer Bilanz zur Regierungszeit des jungen Königs Mohamed VI.

Dies ist ein hartes Urteil angesichts der Tatsache, dass alle Welt vom jungen Monarchen eine Demokratisierung des Landes erwartete. Doch der König hat das Pressegesetz verschärfen lassen. Dort sind explizit die Themen aufgeführt, die als tabu gelten: die Monarchie, die Religion – der König ist laut Verfassung der höchste Führer aller Gläubigen – und die territoriale Einheit Marokkos. Dies hat zur Folge, dass keine kritischen Artikel über die Besetzung der ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara veröffentlicht werden dürfen.

Die nahe Zukunft dürfte noch schwerer für die Presse werden. Denn Mohamed VI. will das Pressegesetz abermals verschärfen. Ausserdem wird bei den Wahlen ein Sieg der Islamisten erwartet.