Noch ein paar wunderschöne Fabeln in denen Hasen der Mittelpunkt sind. Viel Spaß beim Lesen. Die Schnecke und der Hase Eine Schnecke war auf einer Wiese und sah ein Glückskleeblatt. Da kam ein Hase vorbei, der das Kleeblatt auch sah. Er hoppelte hin und riss es sofort ab. Als die Schnecke das sah, beschwerte sie sich: „Ich habe es zuerst gesehen. Es gehört mir!“ Der Hase lachte nur: „Ich war aber schneller. Also ist es meins!“ Die Schnecke schrie: „Ich bin nur langsamer, weil ich mein eigenes Haus trage! Du hast keines auf dem Rücken.“ Aber der Hase blieb stur: „Da ich es jetzt habe, darf ich es auch behalten.“
Während sie sich stritten, war unbemerkt eine Blattlaus auf das Kleeblatt gekrabbelt und eifrig damit beschäftigt, es vollständig aufzufressen. Da schimpfte die Schnecke los: „WAS SOLL DAS? WIR HABEN ES GEFUNDEN!“ Doch das kümmerte die Blattlaus gar nicht, denn sie war nun satt und krabbelte einfach wieder weg.
Der Hase sah die Schnecke verwundert an und sagte: „Das Blatt stand uns zu. Nun war unser Streit völlig unnötig, alles nur Zeitverschwendung. Denn jetzt hat keiner von uns beiden etwas von dem Blatt.“ Die Schnecke stimmte zu: „Ja, da hast du leider Recht.“ Der Hase nickte, sie verabschiedeten sich und dachten beim nach Hause gehen über ihr Erlebnis nach.
Isabell Arnhardt und Lena PaulickDer Hase und die FröscheEin Hase saß in seinem Lager und grübelte.
»Wer furchtsam ist«, dachte er, »ist eigentlich unglücklich dran! Nichts kann er in Frieden genießen, niemals hat er ein ungestörtes Vergnügen, immer gibt es neue Aufregung für ihn. Ich schlafe vor Angst schon mit offenen Augen. Das muss anders werden, sagt mir der Verstand. Aber wie?«
So überlegte er. Dabei war er aber immerwährend auf der Hut, denn er war nun einmal misstrauisch und ängstlich. Ein Geräusch, ein Schatten, ein Nichts - alles erschreckte ihn schon.
Plötzlich hörte er ein leichtes Säuseln. Sofort sprang er auf und rannte davon. Er hetzte bis an das Ufer eines Teiches. Da sprangen die aufgescheuchten Frösche alle ins Wasser.
»Oh«, sagte der Hase, »sie fürchten sich vor mir! Da gibt es also Tiere, die vor mir, dem Hasen, zittern! Was bin ich für ein Held!«
Da kann einer noch so feige sein, er findet immer einen, der ein noch größerer Feigling ist.
La FontaineLöwe und HaseAuf dem Berge Mandara wohnte ein Löwe, der hieß Grimmig, und dieser Löwe mordete fortwährend die Tiere. Da ließen denn diese nach einer gemeinsamen Beratung dem Löwen sagen: »Warum tötet Ihr alles Wild? Lieber wollen wir Euch zu Eurer Wohnung täglich ein Tier schicken.« Der Löwe sagte: »Ich bin‘s zufrieden!« Also schickten sie ihm alle Tage ein Tier. Da kam nun einst die Reihe an einen alten Hasen. Dieser dachte:
Bescheiden ist man nur aus Scheu
und wenn man fürder hofft zu leben.
Was frommt‘s, ist günstig mir der Leu?
Ich muss ihm doch mein Leben geben.
Drum will ich mir ja Zeit nehmen auf meinem Gange.
Der Löwe aber, den der Hunger peinigte, fuhr ihn zornig an: »Warum kommst du so spät?« Jener erwiderte: »Meine Schuld ist‘s nicht. Ein anderer Löwe hat mich unterwegs aufgehalten. Ich habe ihm einen Eid leisten müssen, zurückzukehren und bin jetzt nur gekommen, dies dem Herrn zu melden.« Da wurde der Löwe zornig und rief: »Gleich kommst du mit und zeigst mir, wo der Schurke ist!« Der Hase führte ihn an einen tiefen Brunnen. »Geruhe der Herr zu kommen und zu sehen« - so sagte er und zeigte ihm sein Spiegelbild im Brunnen. Geschwollen vor Wut und von seinem Stolze getrieben, stürzte er sich auf dieses hinab und mußte sterben.
Projekt GutenbergDer Hase und der FuchsEin Hase und ein Fuchs reisten beide miteinander. Es war Winterszeit, es grünte kein Kraut, und auf dem Felde kroch weder Maus noch Laus. „Das ist ein hungriges Wetter“, sprach der Fuchs zum Hasen, „mir schnurren alle Gedärme zusammen.“ - „Jawohl“, antwortete der Hase. „Es ist überall dürr, und ich möchte meine eigenen Löffel fressen, wenn ich damit ins Maul langen könnte.“
So hungrig trabten sie miteinander fort. Da sahen sie von weitem ein Bauernmädchen kommen, das trug einen Handkorb, und aus dem Korb kam dem Fuchs und dem Hasen ein angenehmer Geruch entgegen, der Geruch von frischen Semmeln. „Weißt du was!“ sprach der Fuchs: „Lege dich hin der Länge lang, und stelle dich tot. Das Mädchen wird seinen Korb hinstellen und dich aufheben wollen, um deinen armen Balg zu gewinnen, denn Hasenbälge geben Handschuhe; derweilen erwische ich den Semmelkorb, uns zum Troste.“
Der Hase tat nach des Fuchsen Rat, fiel hin und stellte sich tot, und der Fuchs duckte sich hinter eine Windwehe von Schnee. Das Mädchen kam, sah den frischen Hasen, der alle Viere von sich streckte, stellte richtig den Korb hin und bückte sich nach dem Hasen. jetzt wischte der Fuchs hervor, schnappte den Korb und strich damit querfeldein, gleich war der Hase lebendig und folgte eilend seinem Begleiter. Dieser aber stand gar nicht still und machte keine Miene, die Semmeln zu teilen, sondern ließ merken, dass er sie allein fressen wollte. Das vermerkte der Hase sehr übel. Als sie nun in die Nähe eines kleinen Weihers kamen, sprach der Hase zum Fuchs: „Wie wäre es, wenn wir uns eine Mahlzeit Fische verschafften? Wir haben dann Fische und Weißbrot, wie die großen Herren! Hänge deinen Schwanz ein wenig ins Wasser, so werden die Fische, die jetzt auch nicht viel zu beißen haben, sich daran hängen. Eile aber, ehe der Weiher zufriert.“
Das leuchtete dem Fuchs ein, er ging an den Weiher, der eben zufrieren wollte, und hing seinen Schwanz hinein, und eine kleine Weile, so war der Schwanz des Fuchses fest angefroren. Da nahm der Hase den Semmelkorb, fraß die Semmeln vor des Fuchses Augen ganz gemächlich, eine nach der andern, und sagte zum Fuchs: „Warte nur, bis es auftaut, warte nur bis ins Frühjahr, warte nur, bis es auftaut!“ Und lief davon, und der Fuchs bellte ihm nach, wie ein böser Hund an der Kette.
Ludwig Bechstein Elefant, Rhinozeros und HaseAuf einer kleinen Insel lebten ein Elefant, ein Rhinozeros und ein Hase. Der Elefant und das Rhinozeros ließen dem Hasen keine Ruhe. Er musste tun, was die beiden wollten. Das wurde ihm zu viel und der Hase überlegte, wie er die beiden loswerden könnte.
Und eines Tages hatte er eine Idee. Er flocht aus Lianen ein starkes Seil. Damit lief er an das eine Ende der Insel, wo der Elefant wohnte, und sagte u ihm: „Guten Tag, Elefant! Lass und doch mal ausprobieren, wer von uns der Stärkere ist! Wie wär‘s mit Seilziehen?“
„Du machst mir Spaß“, sagte der Elefant. „Aber wir können es ja probieren!“
Der Hase machte das Seil an einem Elefantenbein fest und sagte: „Ich laufe zur Mitte der Insel. Wenn ich dreimal am Seil reiße, fangen wir an zu ziehen!“
„Abgemacht“, sagte der Elefant. Der Hase lief ans andere Inselende, wo das Rhinozeros wohnte, und sagte: „Guten Tag, Rhinozeros! Lass uns doch mal ausprobieren, wer von uns beiden der Stärkere ist! Wie wär‘s mit Seilziehen?“
Erst lachte das Rhinozeros, aber dann band es sich das Seil um das Bein. Der Hase lief am Seil entlang zur Inselmitte. Dort riss er dreimal am Seil.
Und nun begann ein Zeihen auf Biegen und Brechen. Der Elefant zog und stöhnte, das Rhinozeros zog und keuchte. Beide wunderten sich über die Stärke des Hasen.
Der Hase aber nagte und nagte und nagte, bis das Seil mit einem Schlag zerriss und beide, der Elefant und das Rhinozeros, mit einem Platsch ins Meer fielen.
Seither hatte der Hase seine Ruhe.
Hans Baumann